Abschied nehmen – Nachworte

Was bestimmt darüber, ob wir jemanden als Teil unseres Lebens empfinden?

Ist es die Zeit, die wir miteinander verbringen, ist es Sympathie, Freundschaft, Liebe, ist es Verbundenheit, Gewohnheit oder ein einziger besonderer Augenblick?

Wir sind uns nie begegnet – die Autorin dieses Blogs war jemand, den ich nur in der digitalen Welt kannte. Nur in Worten. Nur in Texten. Und doch jemand, der ganz selbstverständlichen Teil meines Lebens wurde. Jemand, deren Eigensinn ich sehr schätzte, deren Sprache mir manchmal fremd war und mich doch anzog, deren Liebe zu Tieren, besonders den Vögeln, ich immer teilte. Jemand auf deren Worte ich mich freute und mir nie vorgestellt habe, dass ein Verstummen dieser alltäglichen Selbstverständlichkeit möglich wäre.

Dieser Blog war ihr Blog – und er soll bleiben. Kein Abschied nehmen, denn du bist hier und deine Worte sind da und kein Vergessen.

SW

Gesprochene Sprache and digital cacophony

Immer wieder ein Impuls: Das wäre was, worüber du im Blog schreiben könntest. Then I hesitate. In what language should I write? English oder Deutsch? Und für wen eigentlich? Who do I want to address? Ich zögere, ich lasse es.

Then the impulse is gone, the subject slipped into the past. Ich sehe schliesslich keinen Sinn mehr darin, es zu bloggen. I wouldn’t know what to achieve by blogging it. No ambition. Keine Ambition, etwas damit zu erreichen, meine Gedanken, zu veröffentlichen. There’s so much written and published online. Enough. Genug.

Ausserdem lese ich gerade lieber, und gucke und mache. Nicht online. The visual, the manual in the physical world is more important right now. To write about what I read? No. Nein.

Aber Sprache, die gesprochene, ist schon ein erstaunliches Phänomen. Yet spoken language is an amazing thing. Erkenntnis- und Kommunikationsmittel, das wir ohne Lehrer und Lektionen lernen (sofern unsere Sinne und Organe nicht beeinträchtigt sind). Cognition and communication tool that doesn’t need any material resources, apart from us and unimpaired organs and senses. We learn it by observation and doing. As sustainable as hardly anything else can be that we produce. So nachhaltig wie kaum etwas anderes, das wir produzieren.

I’m glad that my hearing wasn’t yet impaired when I learned to speak English as a second language that way. Schulunterricht konnte das nicht leisten. Having learned one or more languages that way is the basis of learning to read and write. Und damit dann können wir lesen und schreiben lernen. This then enables us to learn more about the world from others. Ohne selbst erleben und erfahren zu müssen.

But today there’s so much on offer, so much written, vor allem online, that it’s hard to know fact from the noise and the lies. Papier ist geduldig, und mehr so der Bildschirm. Social media are horribly loud.

Darum zögere ich. Thats why I hesitate to add to the ill-sounding digital cacophony.

(Yet I did so with this post. Aber hier liest ja eh fast niemand mit.)

Lockdown Travels

outside

almost daily

with two members

of the household,

one of them a cat,

counting sheep

who travel the pasture,

rearranging in groups

of varying sizes

at different locations.

 

Through rooms, cupboards,

shelves, boxes, books and times,

recovering and counting items,

some of them portraits

of sheep,

rearranging memories

in groups of varying sizes

of various locations

almost daily

inside.

Rosie, Rosie

Rosie, Rosie, you’re running so fast

past me to the sheep, like a kangaroo.

I found a dead squirrel on one of the last

days. I don’t think the killer was you.

But then, when you sat on the window sill,

a bird flew against its pane and landed

in front of you, who were sitting just still.

You mouthed it and that’s, I’m afraid, how it ended.

Mai Hocketse

Lorbeer blüht, und Apfelbäume,
Weissdorn löst die Schlehen ab,
Falter kamen aus den Puppen,
rechtzeitig zum Fliederbier,
unter ihnen sitzen blaue
Veilchen und der Ehrenpreis,
eisheilig bewegt die Brise
junges Eichen-, Eschenlaub.
Ungereimt und übermütig
wie die Lämmer spielt’s in ihr,
und am Abend legt die Sonne
Chiaroscuro oben drauf.

Masken

Heute trug ich erstmals Maske(n).

Eine beim ECHO heart scan. Die hatte Bändel. Und ich brauchte eine Weile, bis ich merkte, dass man sie mit dem biegbaren Bügel oben der Nase anpassen kann. Anschliessend warf ich sie dort weg, zusammen mit dem blauen Kittel.

Die andere in Oncology hatte Gummis. Und wider Erwarten gab es kein Problem wegen des Hörgeräts hinterm Ohr.

Beide waren keine dicht sitzenden Masken. Und da ich – ganz alleine im Wartezimmer – lange auf das Ergebnis vom ECHO Test warten musste, bevor ich die Antikörperspritze bekommen konnte, schob ich die Maske immer wieder nach unten. Um Kaffee zu trinken und Kekse zu essen. Weil ich mir alleine mit Maske blöd vorkam. Und vor allem, weil mir beim Lesen immer wieder die Lesebrille anlief, wenn ich die Maske richtig aufhatte.
Ich soll sie nächstes Mal wieder verwenden. Kann ich sie waschen? Nein.
Ich schätze, dass ich sie dann daheim vergessen werde.

So recht macht es keinen Spass mehr, nach Sligo zu fahren. Also das Fahren schon. Die Schlehen blühen, das Wetter war super. Aber Sligo hat derzeit keine willkommen(d)e Abwechslung zu bieten.

Ich kam mir schon komisch vor, als ich nach dem Krankenhaus von dort zu dem Pub lief, wo wir immer parken, weil’s nichts kostet. Darf ich das denn? Physical exercise ist ja nur innerhalb von zwei Kilometern um Zuhause rum erlaubt. Sonst waren da immer viele Studenten unterwegs. Heute ausser mir nur eine Person.

Bekam einen Brief mit für die nächsten Male, den ich der Polizei zeigen kann, falls die uns anhält und wissen will, warum wir unterwegs sind. Oh. Vielleicht sollte ich die Maske doch nicht vergessen, und in so einem Fall dann aufsetzen?

Ja nun

ist schon April.
Noch immer ist der Taoiseach acting.
Neue Regierungsbildung ist
so nebensächlich wie noch nie.
Die Zahl von Covid-19 Fällen wird
10 000 morgen überschreiten.
Einschränkungen, wie überall,
gibt es zuhauf,
und keine Änderung in Sicht.

Die Stürme sind vorbei,
der Shannon niedrig,
Boden trocken.
Die neuen Leben auf den Wiesen freut’s.
Sie freuen uns.

Hab mir gestern, ohne zu denken,
online ein Buch bestellt.
Vergessen, dass Versenden
von Büchern nicht essentielle Arbeit ist.
Verboten.

Mehl würde ja geliefert werden dürfen,
doch sind die Mehle „out of stock“.

Ich lernte aber heute einen neuen Plural:

Weil sich die Deutschen größtenteils zu Ostern
an Regeln halten, mussten
die Polizeien ihrer Länder nur vereinzelt
Treffen auflösen.

February 2020

Die Wahl ergab ein Dreiparteienpatt.
Daneben Unabhängige und Kleine,
die Grünen legten zu. All das
ein Zeichen für den Wunsch nach Änderung,
sofern man Medien glauben mag.
Seither ist Flaute: Wer will mit wem regieren?
Und alles bleibt zunächst beim Alten.

Derweil ist draussen viel Bewegung.
Die Bäume wackeln ständig, oft bedrohlich.
Und Regen strömt, und Wasser fliesst.
Manchmal fällt Schnee. Der Shannon flutet über.
The acting Taoiseach schaut sich’s an,
in Gummistiefeln. Es bleibt kalt,
und keine Änderung in Sicht.

Brexit ist Fakt.
Covid-19 noch nicht
hier.
Das mag sich ändern.

31.12.

Es zählt ja nicht die Jahreszahl zu dieser Jahreszeit,
beim Jahreswechsel ist sie jedes Jahr egal mir,
wie Vorsätze, dem Zeitgeist angemessen nun
zu korrigieren sich.

Der ist mir eh zu eng geworden, allzu perfekt, konform.
(Passend dazu das Angebot von Aldi, Lidl
ab dem 2. Januar) Mir zählen mehr alltägliche
Minuten, Stunden Licht.

Aussicht auf Vielfalt, die’s in ihm im Lauf des nächsten Jahres
wieder zu sehen geben wird (wie oft noch?),
bis es sich abermals im Kreis dem Jahreswechsel neigt.

Fenster 37

Ganz vorn oben im Doppeldeckerbus waren am Morgen bei der Fahrt in die City manchmal die Scheiben angelaufen. Ich wischte mir die Sicht mit einem Tempo klar.

Am Nachmittag blendete dort bei der Rückfahrt manchmal die tiefstehende Sonne, und ich setzte mich weiter nach hinten.

Die meisten anderen schauten auf die Bildschirme in ihren Händen, oft mit ihren Ohren verbunden, und wischten mit ihren Daumen darüber.

Als ich bei der ersten Fahrt in die City die junge Frau neben mir fragte: Wie viele Haltestellen noch bis Trinity College?, suchte sie die Antwort, irritiert, mit einer App.

Bevor sie sie fand, sah ich mein Ziel schon, bedankte mich, ging nach unten und stieg aus.

Ein anderes Mal entfernte ein Mann neben mir von einem Buch nach dem anderen, das er aus seiner Tasche holte und genau betrachtete, die Preisetiketten.