Die neuen Besucher

Hin und wieder hatte ich einen dieser Typen schon in der Nähe hier getroffen. Zwei davon kommen nun seit einiger Zeit fast täglich ins “Paradies”. Einen habe ich gestern mit der Kamera festgehalten. Hier eine kleine Bildergeschichte (die Fotos kann man vergrössern mit click darauf):

P1090019

P1080995

P1090003

P1080997

P1090001-001

P1090005

P1090024

P1090036

P1090032

Über diese Besucher freue ich mich besonders, denn Red Squirrels sind in Irland geschützt, und in vielen Gegenden von Grauhörnchen verdrängt worden. Es erstaunt mich immer wieder, wie klein sie sind. Ich lese, dass sie in südlicheren Gebieten des Kontinents grösser und schwerer werden.

Ganz am Anfang waren zwei gleichzeitig da: Eins an den Erdnüssen, eins an den Knödeln. Jetzt vertreibt das, welches zuerst erscheint (dieses, glaube ich) immer das andere, wenn es zur gleichen Zeit auftaucht.

Die alte Buche hinterm Haus ist dieses Jahr voll mit “Capulas”. Das sind die Fruchtstände, in denen sich die Bucheckern befinden. Darüber werden sich die Eichhörnchen später freuen. Ob es sich heuer um ein Vollmast-, Halbmast- oder Sprengmastjahr handelt, habe ich mich noch nicht bemüht herauszufinden. Ich mag aber solche Begriffe. Der “Mast”anteil an ihnen soll daher rühren, dass Schweine früher mit Bucheckern und Eicheln gemästet wurden.

Renoviert

Dies Kirchenschiff, gesäumt von Kiefernsäulen,
Eschenbäumen, liess ich lange unbesucht.
Ein Trübsinn wohnte in dem zugigen Gerüst,
in dessen Dunkel sich nur Feuchtigkeit und Moos
verkrochen hatten. Es wurden keine Messen darin
zelebriert, im Paradies bloss karge Speisen
ausgegeben an Bedürftige. Das wird
auch jetzt noch praktiziert, doch ist im Hauptschiff nun
ein grüner Teppich ausgelegt, dezent verziert.
Hingegen schmücken Blatt- und Blütenornamente
üppig Wände. Dazu gesellen sich die Farben
von Gemälden, Blumen, Inventar, Skulpturen
in Gängen, auf Altaren und im Seitenschiff.
Am offenen Gewölbehimmel wechseln ständig
Formen und Motive. Und stetig wuchs mit der
Restauration der Kirche die Anzahl der Besucher.
Längst singen die Bedürftigen fröhlich im Chor.
Ich selbst halte mich jetzt dort täglich lange auf,
als Pfleger, Publikum, Besucher, Kirchenmaus.

(Im Faksimile eines “Illustrierten Baulexikons” aus dem Jahr 1883 fand ich unter “Kirche” den Namen Paradies oder Paradis für das Atrium, die Vorhalle von Kirchen. Obwohl dort Bilder von Adam und Eva, und von Löwen (warum?) üblich waren, erklärte mir der Eintrag “Paradis”, dass sich der Name von einem griechischen Wort für “hindurchkriechen” ableitet, weil sich die Büsser dort auf Knien bewegen mussten. Es war aber auch der Bereich, wo Arme gespeist, Zuflucht gewährt, und Gemeindegerichte abgehalten wurden.)

Blöder Tag

Erst ist wie ein Blitz ein Schmerz –
verflixt! – ins Kreuz gefahren.
Ich hatte doch nur ein paar Pflänzchen gesetzt.

Dann, als es wieder gelang,
gerade zu stehen, zu gehen,
hab ich mich selbst in den Garten gesetzt.

Nun donnert es laut, und stürzt sogleich
aus schwarzen Wolken Wasser,
rinnen Bäche, in einer Ecke
entsteht in Nullkommanichts ein Teich.

Als die Sonne hernach auf ihn scheint,
flitzen die Gnitzen in zuckenden Wolken
und stechen, es juckt überall.
Darum hab ich mich nicht mehr

in den Garten gesetzt, sondern das Jucken,
den Schmerz nach drinnen getragen, versucht,
ihn weg zu liegen, – zu lesen,
und als er ein wenig vergangen war,

am Abend ein gutes Gericht kochen wollen.
Da fiel – ohne Witz – mit lautem Schlag –
Potz Blitz – der Strom aus. Immerhin
war noch ein (halbes) Brot im Haus.

„Finkenschlag“

„Wie einigt man sich mit den Vögeln
auf eine Übersetzung ihrer Sprache?“

Pablo Neruda, Buch der Fragen. Übersetzt von Monika Lopez*

Tititi, s’ist Frühjahr –
Fritze, Fritze, magst du Krüzebeeren?
Fritze, Fritze, magst du Würzgebier?
Wo, wo ist das würzige Bier?
Zizizizjazjazoritiu-zip.
Ich, ich, ich schreib an die Regierung,
bin I, bin I, bin I nit a schmucker Reiteroffizier!
Dütt, dütt, dütt is mien Revier.

Solche und ähnliche Übersetzungen des Finkenschlags finde ich in meinen Büchern und auch noch im Internet. Eines meiner englischsprachigen Bücher sagt, er klingt wie “a rattling, cheerful sound, ending in several short notes, quickly uttered, sounding like ‚wittier'“. Ein anderes sagt, es gibt “individual … differences of intervals and thrills in the cadences.”
Ich lese auch, dass es Buchfinkendialekte gibt, und dass Buchfinkenmännchen, die in einer kritischen Zeit nach dem Ausschlüpfen den Finkenschlag nicht zu hören bekommen, ihn nicht lernen. Daraus schliesse ich, dass es nur die Männer sind, die ihn singen.

Auf youtube gibt es einige Videos, die ihn hören lassen, z.B. dieses:

Dagegen wirken die oben zitierten Versuche, den Charakter des Finkenschlages zu vermitteln, recht unbeholfen und unzureichend, nicht? Aber was konnte man anderes versuchen ohne die Möglichkeiten, die moderne Aufnahmetechniken heute bieten?

Ausser dem Finkenschlag äussern Buchfinken noch einen Lockruf:
Pink, pink
oder (wen wundert’s?)
Fink, fink

beim Fliegen ein jüb, jüb,

und weiter den sogenannten langgezogenen Regenruf, oder das “Rülschen”, das auch zweistellig vorgetragen werden kann, und in verschiedenenen Quellen als
trief, rüt, wried, füid, trürr, trüb

transskribiert wird.

*Gefunden in H-J Gelberg (Hrsg.), Grosser Ozean, Gedichte für alle, Belz & Gelberg, 2006, S. 177

Draufsicht/Top View

Draufsicht

Kiefernnadeln, Fichtennadeln, andere Reste
von Vegetation: Halme, Stengel, Zapfen, Stöckchen,
Teile von Rinden, vetrocknete Blätter, Stückchen
von Moos, Samen, die ich nicht sehen kann. Erde, Staub,
Sand, Kieselsteinchen, Federn, Kuchenkrümel, Asche.
Katzenhaarbüschel, einander ausgerissen im
Kampf. Sie verrotten langsam auf dem Beton, in dem
fest eingebettet Steine Texturen bewirken,
die an schattigen Stellen noch feucht sind, unter Stuhl-
und Tischbeinen, unter meinen. Dort geht ohne Angst
wieder der Buchfink herum, sucht nach den süssen
Krümeln, die er gezielt, unfehlbar treffsicher, mit
seinem Stecknadelschnabel aufnimmt, sich einverleibt.

Top View

Pine needles, fir needles, other remnants of
vegetation: stalks, straws, cones, sticks, chips of bark,
shrivelled leaves, bits of moss, seeds I can’t see. Dirt,
dust, sand, gravel, feathers, cake crumbs, ash. Wisps of
cat fur, pulled out in fight, decay slowly on
concrete, in which firmly set rabble creates
texture still moist in shady spots under legs
of chairs, the table’s, mine, where fearlessly goes round
again the little chaffinch for sweet titbits
that it picks up eagerly, infallably
pinpoint with its tweezers-like beak, and ingests.

(Das Gedicht habe ich auf Deutsch wie ein von John Hollander erfundenes Thirteener Sonnet geschrieben: 13 Zeilen x 13 Silben, ungereimt. Als ich es ins Englische übersetzte, bin ich in keiner Zeile auf 13 Silben gekommen, und beschloss, mich durchgängig auf 11 zu einigen.)