Muss ich nichts zu erklären.
Nur manchmal findet sich einer im Haus. Das letzte Mal ein Zaunkönig, in der Küche, beim Mittagessen, also unserem.
Das Schöne an Vögeln ist u. A. die Frequenz ihrer Stimmen.
Ich kann sie hören.
Uhr, die
Die Uhr ist/war ein Gerät, das die Zeit misst. In Stunden, Minuten. Und dann gibt es noch den Sekundenzeiger, der, ohne dass eine Sekundenskala abgebildet ist (das wäre zu viel verlangt), das Vergehen von Sekunden allein durch Bewegung anzeigt. Auf die Sekunde kommt es meistens auch nicht an.
Was ich da beschreibe, ist allerdings ein Erscheinungsbild von Uhr, welches nur über einen gewissen Zeitraum existierte. Davor gab es andere. Danach gab es Digitaluhren, die allein Ziffern anboten, keine Zeiger mehr, keine analoge Zeitanzeige. Ging es da mit der Uhr schon bergab?
Genauso, wie in einem hier verlinkten Artikel gefühlt wird, dass es heute weniger Briefkästen gibt (und mir kam das bei meinem Besuch in D auch so vor, als ich eine Ansichtskarte verschicken wollte), so vermisse ich schon lange Uhren an öffentlichen Orten oder Gebäuden, wie Kirchen, Bahnhöfen, Rathäusern und dergleichen, an denen ich mich zeitlich zu orientieren pflegte. Einige Zeit lang konnte ich stattdessen auf die Arme meiner Mitmenschen schielen, oder sie direkt nach der Uhrzeit fragen. Tu ich es heute, zücken sie meistens ihr Smartphone, um nachzugucken. Mit dessen Hilfe können sie, wie im oben erwähnten Artikel zu lesen ist, auch mittels des Briefkastenfinders Briefkästen finden (in D). Eine Uhrfinder App gibt es nicht, weil sie die Uhrzeit ja auf ihrem Phone finden. Aber ist so ein Phone eine Uhr? Ich wehre mich.
Ich weiss, ich bin etwas ungerecht. Könnte mir ja selbst eine Armbanduhr oder ein Smartphone zulegen. Worauf ich eigentlich hinaus will, ist, dass das vor nicht allzu langer Zeit noch nicht nötig war.
Hier in der Küche habe ich immerhin noch zwei altmodische Uhren. Eine zeigt meine Zeit, immer 15 Minuten der anderen voraus. Beide zeigen weiterhin Sommerzeit. Was in Anbetracht dessen, dass es eh keine öffentlichen Uhren mehr gibt, kein grosses Problem ist.
Warum ich Überhaupt Über Uhren jetzt schreibe, liegt daran, dass das U in der deutschen Sprache Vorsilben und Präpositionen, oftmals im Umlaut, vorbehalten zu sein scheint, und ich kaum ein Ding mit U gefunden habe, worüber ich sonst hätte Worte verlieren wollen.
Wie spät ist es nun dabei geworden?
Tuch, das
Ob Tuch als Stoff, Material, oder ein bestimmtes daraus gefertigtes Tuch: Beide sind Chaoten. Wie die Fäden, aus denen sie gemacht sind, neigen sie zu grösstmöglicher Unordnung.
Es muss sich m. E. die Mathematik mit ihnen beschäftigt haben? Während Fäden sich als flexible Linien betrachten lassen, kann man Tücher mit flexiblen Flächen vergleichen. Positiv kann man sie als vielseitig, anpassungsfähig, flexibel beschreiben; negativ als labile, instabile, formlose Weichlinge. Nicht umsonst wurden sie früher oftmals gestärkt.
Waschlappen, Putzlappen, Handtücher, Halstücher, Geschirrtücher, Tischtücher, Vorhänge, Kleiderstoffe, Leichentücher, Taschentücher usw. sind mit Papier vergleichbar, insofern sie Material sind, meistens ebenfalls rechteckig, doch lässt das meiste Papier sich falten und formen, und zeigt dabei/danach eine gewisse Stabilität, während Tücher sich wohl zusammmengefaltet stapeln lassen, ansonsten aber ohne Aufhänger, Träger, Kleiderbügel, Füllung, Vorhangstange und dergleichen Hilfen als unordentliche Häufchen Elend herumliegen würden.
Zu unserem Nutzen jedoch lassen sie sich um etwas wickeln, zusammenlegen, auf etwas spannen, zusammensetzen, aufhängen, auflegen, drapieren, bügeln; passen sich jedem Glas und anderem Geschirr, jedem Körper an. Und mehr noch: sie lassen sich in eine Waschmaschine stopfen. Ohne diese ihre Eigenschaft wäre eine solche sinnlos. Darum nun heute ein Hoch auf das Tuch!
Das Dulkhäusle
befindet sich ganz oberhalb der anderen Seite von Esslingen a. N., also nicht auf der, wo ich aufwuchs. Hin und wieder war ich da oben, habe das kleine Ding aber weiter nicht beachtet. Man geht dort spazieren, es gibt Wald, Vereinsgasthäuser, eines hat den Namen nach ihm. Einen Reitstall, Sportplätze und so was. Bei meinem letzten Besuch ging ich seit langem mal wieder dort mit meiner Mutter spazieren, und fand das Dulkhäusle hergerichtet, ausserdem Tafeln mit Information zu seinem Namensgeber.
Namensgeber? Aha. Nun wusste ich erstmals, dass es nach einem Menschen benannt ist, Dulk also kein Flurname. Albert Friedrich Benno Dulk (* 17. Juni 1819 in Königsberg; † 29. Oktober 1884 in Stuttgart) hat sich darin wohl öfters aufgehalten. Interessante Dinge waren über ihn zu lesen. Unter anderem war er Schriftsteller. Aber auch Freidenker, Revolutionär, Sozialist und Sportler. Wieso hatte ich nie von ihm gehört?
Es gibt ein Werk von ihm in Druck. Ein Drama. Man kann es auch auf Zeno.org lesen. Schon der Titel weckt Neugierde: Die Wände.
Dann die Liste der auftretenden Personen:
Hans Volk.
Theodor, sein Verwalter.
Doctor Censur.
Doctor Polisëi.
Kriechel, Gewissensrath.
Gensedarm, Chirurgus.
Aufrecht, Volk’s Freund.
Chor der Wände.
Diener.
Der erste Auftritt beginnt so, also relativ vielversprechend:
Scene. Ein Zimmer mit Steinwänden, auf beiden Seiten Karyatiden. Hans Volk liegt in Decken gehüllt, eine Schlafmütze auf dem Haupte, auf einem Bette und schläft. Aufrecht und Kriechel im Gespräch. Aufrecht spricht durchgehends mit starker Stimme.
AUFRECHT.
Jammervoll und unverzeihlich!
KRIECHEL.
St! Nur still! Ich bitt‘ Euch, leiser!
AUFRECHT.
Volk in einer Irrenanstalt!
KRIECHEL.
Wecket nicht den schwer Erkrankten.
AUFRECHT.
Mußt‘ ich dazu lange Jahre, fern von Haus, in fremden Ländern
Reisen, um nun in der Heimath –
KRIECHEL.
Stille nur! – Gott sorgt für Alle;
Unser guter Volk befindet sich verhältnißmäßig trefflich.
AUFRECHT.
Trefflich, hier im Irrenhause? Mit wem hab‘ ich doch die Ehre?
Ich glaube, das werde ich mir bestellen.
Einen ausführlichen Wikipedia Eintrag über ihn (und das Dulkhäusle) gibt es hier.
(Ach so: Eine Karyatide (griechisch καρυάτιδα ‚Frau aus Karyai‘ [bei Sparta]) ist eine Skulptur einer weiblichen Figur mit tragender Funktion in der Architektur.)
Stapel, die
Ich weiss, ein Stapel ist der. Aber bei mir gibt es immer mehrere. Viele. Und die haben mit Ordnung gar nichts zu tun. Die ergeben sich einfach immer so. Duden setzt das “ordentlich” in Klammern. Wie genau habe ich das zu verstehen?
“1 a:
[ordentlich] aufgeschichteter Stoß, Haufen einer Menge gleicher Dinge; Menge [ordentlich] übereinandergelegter gleicher Dinge”
“Gleicher Dinge”? Nun gut. Ähnlicher Dinge. Denn zu verschiedene Dinge lassen sich schlecht stapeln. Einen Stapel aus Kaffeetassen, Pullovern, Büchern und Brötchen kann ich mir schlecht vorstellen. Der würde wohl umfallen.
1 b kenne ich gar nicht:
“Platz oder Gebäude für das Stapeln von Waren”
2. schon, so mehr vom Hörensagen, und wegen der Redewendung, dass etwas vom Stapel gelassen wird:
“(Schiffbau) Unterlage aus Balken, Holzklötzen oder -keilen, auf der das Schiff während des Baus ruht”
3 und 4 kenne ich wieder:
– (Textilindustrie) Länge der Faser eines noch zu spinnenden Materials
– (im Fell von Schafen) mehrere besonders durch die Kräuselung des Fells verbundene Haarbüschel
Letzteres auch wieder ein ziemliches Durcheinander, wenn man es mit einem Schaf, oder mit einem von ihm geschorenen Vlies zu tun hat.
Also, was ich sagen will: Ich bringe Stapel ganz schwer mit Ordnung zusammen.
Obwohl ich weiss, dass es Staplerfahrer gibt, die auf Paletten aufgeschichtete Waren aufeinander stapeln, also eigentlich die Paletten, auf denen gleiche Dinge aufgestapelt sind, wie zum Beispiel Schaffuttersäcke. Und das sind wiederum eher langweilige Stapel.
Zurück zu meinen: Manchmal versuche ich, Ordnung in sie zu bringen. Meistens gelingt mir dabei nur ein Umstapeln, und ich habe damit dann eigentlich nichts erreicht.
Outsider Art
Ich bin ja gerade mehr visuell als linguistisch interessiert. Es gibt halt so Zeiten.
In D besuchte ich die Sammlung Zander im Schloss Bönnigheim. Naive und outsider art. Einige der Künstler sind mittlerweile recht bekannt (Henri Rousseau), andere nicht. Alle sind Leute, die ausserhalb des Kunstbetriebes werkelten. Mehr amour de soi als amour propre. Manche outsider artists hatten eine Kunstausbildung, die meisten nicht. Auch die ersteren haben sich wenig um den Kunstbetrieb geschert.
Dass doch andere Künstler und Sammler auf sie aufmerksam wurden, war häufig Zufall. Einige galten als psychisch krank, oder sogar kriminell, wurden in entsprechenden Institutionen untergebracht, und werkelten dort weiter. Die Bandbreite ist gross.
Mich fasziniert die Originalität dessen, was sie hervorgebracht haben. Sicher gibt es auch heute solche Menschen. Würden wir von ihnen erfahren? Die damals konnten ihre Arbeiten nicht ins Internet stellen. Würden sie es heute tun? Haben wir dort nun vielleicht sogar eine übermässige Vielzahl von outsider artists, so dass wir sie gar nicht bemerken? Hmm. Verwäscht sich der Begriff vielleicht, allein, weil es ihn gibt? Kann man heute bewusst outsider artist sein?
Geht es noch, dass einer wie Alfred Wallis mit siebzig anfängt zu malen, Schiffe und Häfen aus der Erinnerung, nachdem seine Frau gestorben war, um “Gesellschaft zu haben”? Und entdeckt wird?
Dass einer ein Haus baut, verschnitzt, wie Karl Junker? Und dass das erst mal nur lokal auffällt?
Leider waren von O.T., Oswald Tschirtner, nur zwei kleinere Werke zu sehen. Der schliesslich wie andere psychisch kranke Künstler im Künstlerhaus in der Anstalt Gugging aufgenommen wurde. Ihn finde ich interessant, weil er nicht von selbst malte, aber Erstaunliches zustande brachte, wenn er mit einem Thema dazu aufgefordert wurde.
Die Frage also, inwieweit ein Künstler, ob malerisch oder mit Worten arbeitend, Anerkennung braucht, stellt sich hier auch.
Auf dem Flughafen in Dublin kaufte ich mir ein Buch, dem auch diese Frage zugrunde liegt, wie ich nun merkte beim Lesen. Ich hab es jetzt aus dem Schlafzimmer geholt, um Autor und Titel wiedergeben zu können. Ich bin da meistens so ignorant. Gekauft hab ich’s, weil ich was zum Lesen brauchte, und es sah hübsch aus, und vor allem gehe es um ein rätselhaftes Kunstwerk, stand hinten drauf.
Also, es handelt sich um The Muse von Jessie Burton. Ich lese es begeistert. Der deutsche Titel lautet Das Geheimnis der Muse.
Rechteck, das
Davon gibt’s viele hier. Fenster, Türen, Schränke, Waschmaschine, Kühlschrank, Heizkörper, Bücher, Geschirr- und Handtücher, Vorhänge, Bilderrahmen usw. Jedes Blatt Papier, Zeitungen, Spielkarten, das ganze Haus, sind Rechtecke oder aus ihnen zusammengesetzt. Sogar der Landrover sieht aus wie ein Schrank. (Die heutigen Autos haben mehr Rundungen, ich weiss.)
Rechtecke und Mensch scheinen zusammenzugehören. Ein menschliches Prinzip. In der Natur hab ich noch keins gefunden.
Aber online: Die Kieselalge tabellaria flocculosa. Bei ihr sind die Rechtecke allerdings ganz unmenschlich zusammengefügt: An den Ecken. Und erinnern doch an Microchips, irgendwie. Oder halt an Spielkarten, oder Dominosteine. Davon wissen sie aber nichts.
„Ob hier schon jemand vor mir ging?“
Seit ich immer schlechter höre, neige ich dazu, wenig Worte zu verlieren. Bin auch beim Zuhören froh, wenn andere auf den Punkt kommen, nicht ausschweifen. Ich bin darüber selbst nicht immer glücklich.
Längere Lyrikformen, wie die Glosa/Glosse, auf die ich anderswo gestossen bin, bringen mich dann dazu, doch mal wieder etwas ausführlicher zu formulieren.
Und es war gut, mal wieder in Christine Lavants Lyrik geguckt zu haben. Gäbe es (gibt es?) outsider lyric, dann würde sie wohl darunter fallen.
Ob hier schon jemand vor mir ging?
Die Gegend will mich fürchten lehren.
Mein Herz ist längst ein Pfifferling,
die Augen sind zwei Stachelbeeren.
Christine Lavant
In dieser Landschaft scheint der Mond,
beleuchtet Wiesen, dunkle Wege,
Wald und Unterholz nur spärlich.
Dort verirr ich mich fast jährlich,
fasziniert von all den Formen,
die entgegen aller Normen
existieren, mehr noch: wuchern.
Wie Efeu an den Bäumen hing.
Hat sich der Weg gelohnt?
Ob hier schon jemand vor mir ging?
Der Wald, er zieht mich rein in sich.
Ich stolper über altes Holz,
verlorne Äste, Erde, Schlamm,
es blökt hier nicht ein einziges Lamm.
Was tu ich nur hier drinnen?
Die Zeit will nicht verrinnen.
Was will der Zweige Knacken sagen?
Die Laute, die sich nun vermehren,
leise, aber schauerlich?
Die Gegend will mich fürchten lehren.
Ich lese ihren Text allein,
Das Moos ist weich, des Tages Vögel
ruhig geworden. Sie hocken gut
versteckt. Auch ich bin auf der Hut.
Ein Flügelschlag? Die Eule fliegt
doch lautlos sonst. Der Nebel liegt
inzwischen überall hier.
Was ist auf einmal dieses Ding,
auf das ich trete, hart und klein?
Mein Herz ist längst ein Pfifferling,
Ich trete aus dem dunklen Wald,
der Mond scheint heller hier, auf Obst
im Früchtegarten. Ăpfel liegen,
zerstreut am Boden. Äste biegen
sich unter ihrer Last hernieder,
der Herbst des Jahres hat uns wieder
reifen lassen. Der Wind empfiehlt:
Sei still! Ist sinnlos, sich zu wehren
gegen Verse. Schau halt.
Die Augen sind zwei Stachelbeeren.
Quaste, die
Nein, es gibt keine im Haus.
Aber das Wort an und für sich ist lustig. Wie auch der Wikipedia Eintrag dazu:
“Eine Quaste, seltener Quoddel oder Quaddel, auch Troddel, ist ein hängendes Bündel von Fäden oder Kordeln, am oberen Ende oft begrenzt durch einen Knoten oder eine Zierperle. Die Form ist büschelartig und erinnert an einen Pinsel. Ursprünglich war die Quaste als verziertes Ende einer Kordel aus den Kordelfäden selbst hergestellt. …
Bei kugelrunder Gestalt spricht man stattdessen von Bommel.
Bei Säugetieren (z. B. Hausesel, Hausrind, Löwe) wird auch das behaarte Ende des Schwanzes mit Quaste bezeichnet. Auch das untere, offene Ende eines geflochtenen Zopfes wird Quaste genannt.”
Es gibt hier weder Löwen, noch Haus(!)esel, noch Haus(!)rinder, noch Zöpfe, und wiewohl viele Fäden, so doch keine Quaste.
Auch in den sonstigen dort genannten Verwendungen finde ich nichts, was hier anwesend wäre.
Papier
Es gibt viel davon im Haus. Allein in der Küche. Sogar im Klo.
Es ist geduldig, sagt man. Schon Cicero hat wohl gesagt: Ein Brief errötet nicht.
Ist wohl was dran. Man kann Papier biegen, falten, rollen, schneiden, zerreissen, knüllen, füllen, wickeln, bedrucken, beschreiben, bemalen, binden, blättern, an die Wand kleistern und vieles mehr.
Ohne dass es errötet, oder sich quer stellt.
Hat’s aber gemeinsam mit anderen Materialen. Papier ist kein Objekt.
Und kommt ohne Artikel aus.