B-lau

der Himmel, aber nicht die Luft zwischen Hagelschauern liegen Lämmer nun mit Müttern,
siblings, andern kids, langgestreckt, aufgereckt, längst geleckt, langbeinig überall herum
rings und lechts, wenn wir zu Lidl fahrn und auf beiden Seiten gelber Ginster blüht.

Bye bye

Kein Tier hat je – ob in 9 Tagen oder länger – so viele Spuren hinterlassen wie die beiden Schweine.

Sie hätten von Herzen gerne noch lange weiter wühlen dürfen, aber das wäre unvernünftig und unverantwortlich von uns gewesen. Gestern wurden sie abgeholt und ins hiesige Tierheim gebracht, von wo sie hoffentlich zu ihren Besitzern oder auf einen richtigen Bauernhof umziehen werden.

Eigentlich haben wir hier ein gutes Schweinesetting, aber es ist nicht gut genug eingezäunt. Sie klettern über die hohen Wälle, die als Einfriedungen dienen, und von da konnten sie leicht auch in Nachbargärten wühlen gehen, oder runter auf die Hauptstrasse … Das hiess: dauernd aufpassen. Sie ruhen ja draussen nicht, sind ständig aktiv. Nur in der Nacht im Shed schliefen sie nebeneinander auf einem Haufen Heu. Wenn wir weg müssen, müssten wir sie einsperren. Und wir mussten in den letzten Monaten oft weg, und die Zukunft ist ungewiss.

Schade, sie hatten sich fast eingelebt. Das Einfangen im Shed war nicht einfach. Erst Grunzen, bedrohliches Schnauben, dann, mit Mühe festgehalten von Roland und Kiara, ein lautes Quietschen und Kreischen. Was Schweine für Laute von sich geben können! Davor waren sie still. Das lief also nicht harmonisch ab. Mist!

Mist haben sie uns auch hinterlassen, also Kot. An der Wand gegenüber vom Schlafplatz hatte jeder sein eigenes Klo, ausgewählt.

Und interessanterweise war der kleinere mit dem Stummelschwanz schw/eindeutig der dominantere.

Ich gab Kiara den Rest vom Schw/eintopf, den ich regelmässig gekocht hatte für sie mit. Als sie weg waren, heulte ich. Ihre vielen Spuren helfen nicht gerade beim Vergessen.

Aber wir sind dankbar für die kurze Zeit und die Erfahrung mit ihnen. Und wünschen ihnen ein gutes altes oder neues Zuhause.

Zwei neue Katzen/Kater sind seit ein paar Tagen auch hier aufgetaucht. Unser roter ist total damit beschäftigt, sein Gebiet zu verteidigen. Erstaunliche Zeiten hier gerade, tierisch.

Besuch

Zwei kleine schwarze Schweine
erschienen heute hier alleine
– wir wissen nicht, woher –
und frassen den Vögeln das Futter vom Boden,
und wollen scheinbar bleiben, die beiden.
Wir versuchten, sie wegzutreiben,
auch die Hunde der Nachbarn probierten ihr Glück,
doch dreimal kamen die zwei zurück.
Begannen schon, den Boden umzuwühlen.
Ich hoffe, sie ziehen morgen weiter, denn
was tut man mit zwei kleinen
schlauen schwarzen Schweinen?

März

Sonne scheint einmal wieder ins Haus.
Zeit, ihr die Fenster zu putzen.
Draußen fliegen Tauben einander hinterher,
während der Gartentisch verrückt,
mit Schraubzwingen bestückt
ist, schneide ich dürres Zeug im Tunnel,
hocke danach auf der Weide
und knuddle fröhlich ein Schaf,
wie vor zwei Dekaden jene,
die der Tisch überlebt hat.

Am nächsten Tag singe ich ihnen Lieder.
Santa Lucia, Ave Maria.
Frei improvisiert. Was weiß ich
noch von deren Text und Melodie?
Ich kaufe Blumenerde,
Anemonen und Primeln,
Gemüsesamen, Gartenhandschuhe.
(Ohne die darf ich nicht mehr im Garten
arbeiten, wurde mir erklärt.) Woher
kommt nur all das Moos?

St. Patrick’s Day. In Irland schüttet es.
In “America” ist Frau Merkel zu Besuch
bei Mr. Trump. Er schüttelt ihr nur zweimal
die Hand, wird erschüttert berichtet.
Tags zuvor schämte Mr. Kenny sich nicht,
ihm eine Schüssel Shamrock zu schenken.
“St. Patrick was an immigrant.”
Derek Walcott, “a modern day Ulysses”,
stirbt auf St. Lucia,
wo er einmal geboren wurde.

Schnell schmilzt Schnee der ersten Frühlingsnacht.
Ich trage meinen Frühlingspullover nach Carrick
zum poetry meeting. Wir lesen Poetry von Marian Moore,
eine lange Version, und What Are Years.
Joan hat am Morgen Radio gehört:
Martin McGuinness ist in der Nacht in Derry gestorben.
An Donegal Amyloidosis. So schnell nun, doch.
Auf meinem Pullover ließ ich vorn schon im Februar
Blumenrabatten wachsen, der Rest ist
in den gleichen Farben schmal gestreift.

Ich beginne allmählich, mich wieder genüsslich,
nicht mehr schlaflos, im Bett zu drehen.
Schneide am sonnigen Tag hohe Hecken,
wuchte, ziehe, Äste, Zweige, je mehr davon,
umso besser nun. Schmerzen vergehen.
Mulche Kastanien in Kästen, Bartnelken, nehme
das alte Gewächshaus auseinander. Rost und Schimmel.
Rost und Schimmel. Grauer Himmel. Heute nicht.
Die Sonne fast obszön.Wie erbärmlich dagegen
terroristische Performance: No art, no craftmanship.

Während Kastanienfinger noch gefaltet bleiben,
die Knospen und Kätzchen von Weißdorn und Weiden
klein, spielt Regen heut heftig Schlagzeug
am Boden, auf dem Tunnel, dem Schirm
über mir. Triefend, dann leise
und immer leiser tropfend klingt das Solo
aus, vor der nächsten Vorstellung eil ich ins Haus.
Und immer vergesse ich wieder, endlich
die alten Himbeerranken zu kürzen.
Sie treiben neu aus.

Morgen wollte ich die Tomatensämlinge nicht
eintopfen, das wäre mir nicht ernsthaft
genug gewesen. So tat ich’s heute mit Freude,
Hoffnung, Zuversicht. Das ist Gärtnern.
Nach vorn schaun, tun. Und auch zurück.
Gestrüpp entfernen, Eschen kürzen, Alten
Überwuchs entfernen, Platz für Neues
machen, Ruhen lassen. Manch einer aber
zieht vorher lieber aus. Was, wenn
Europa ein Garten wäre?

Morpheus, Apollo und das Lichtkind

Nachdem ich mir das Lichtkind zu lesen fürs Krankenhaus aufgehoben hatte, endeten meine Ansätze zunnächst nach zwei Zeilen immer damit, dass mir die Augen zufielen, lag ich doch in Morpheus‘ Armen, als mir intravenös Morphin verabreicht wurde, was in der Tat ein fast euphorisches Wohlbefinden verursachte, und mir interessante kreative Gedanken bescherte, die sich aus mindestens zwei ziemlich verschiedenen Komponenten zusammensetzten, alle flüchtig und seither längst vergessen.

Dann wurde das Morphin reduziert, und ich bekam einen “pain button”, einen Schmerzschalter, den ich bei Bedarf betätigen konnte. Ich wurde munterer, las nun wirklich im Lichtkind und genoss es. Einen Tag, nachdem ich auch diesen Schalter nicht mehr hatte, merkte ich, dass Apollo mich getroffen hatte, von links, in die noch verbliebene Brust. Brennen, Pfeil- und Messerstiche, unvorhersehbar bei bestimmten und unbestimmten Bewegungen und Positionen. War ich zunächst noch atemlos gewesen, wollte nun ein getroffener Nerv mir den Schlaf rauben, mir die Lust am Lesen nehmen.

Zu Hause musste ich meine geliebte Rosshaarmatratze erst mal verlassen und ins Gäste/Wäschezimmer umziehen, weil es dort eine weichere Matratze gibt, von der ich erst mal die ganze Wäsche entfernen musste. Mit zwei Schmerztabletten pro Nacht fühlte ich mich nun heute erstmals ausgeschlafen. Backte eine Buttercremetorte (brauche so Sachen, die mir die Zigaretten ersetzen. Komischerweise geht es recht gut ohne. Ich muss mich also nicht sehr zusammennehmen. Doch vermisse ich sie in anderer Weise). Lief den nicht zu steilen Hang zu den ewes hinunter und wieder herauf, und es klappte gut mit dem Atmen.

Und las dann endlich auf der Couch im Wohnzimmer, Apollo vergessend, weiter im Lichtkind, und musste mich zwingen, aufzuhören, damit ich morgen noch ein paar Seiten davon übrig habe.

Mir gefällt, wie die Reise der Protagonistin darin sich ereignet. Wie sie (und andere) sich darauf einlässt/lassen, wie aus dem Nacheinander der Interaktionen und Ereignisse eine Geschichte wird.
Wie ich immer mitten drin bin beim Lesen, “ich” bin, und wie wenig Beschreibung ausserhalb dieses Erlebens, sich Ereignens nötig ist.

Und natürlich gefällt mir die Geschichte, die Typen, die Ereignisse, die Spannung. Ja, das ist spannend. Die Erzählweise nicht weit weg von klassischen Krimis.

Pusteblume

Ich lobe mich ja selbst öfters in letzter Zeit. Wenn ich z. B. den steilen Weg zu unserm Haus hinauf eile, ohne ausser Puste zu kommen. Weil ich letztes Jahr abgenommen habe, weil da etwas in mir gewachsen ist. Und ich lobe mich, weil ich es gut überstanden habe, dass mir seither zwei Organe entfernt wurden. Allzu viel haben die nicht gewogen.

Und ich wurde gelobt von Mr. B., der mir meine rechte Brust entfernt hat. Und das tat gut. Sein Lob, meine ich.

Und ich möchte mich wieder loben, und gelobt werden, nachdem mir am Freitag, sofern ein Bett frei ist, der untere linke Lungenlappen fehlen wird.

Und besonders dann, wenn ich wieder putzen oder den steilen Weg zu unserm Haus hinauf eilen werde, ohne ausser Puste zu kommen.

Aller guten Dinge sind drei. Pusteblume!

Auf Anregung fabuliert

In der Zukunft ging ich am Waldrand spazieren. Dort traf ich auf ein hölzernes Gebilde, etwas rundlich, auf jeden Fall kein natürliches Gewächs, sondern ein Menschending. Es hatte vorne eine Öffnung. Ein Brutkasten für Vögel, fragst du? Nein, dafür war es zu groß. Die Größe entsprach mehr der einer Hundehütte.

Weil das Ding aber so rundlich, und ich so lustig drauf war, rief ich hinein: “Diogenes?”
“Nein, Donald”, erhielt ich als Antwort, und ein Kopf mit gelblichem Haarschopf und langem Bartwuchs erschien in der Öffnung.

“Donald Duck?” Ich war immer noch albern gestimmt. “Reden Sie nur, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist”, bot ich diesem eigenartigen Menschen an. Dass es sich um einen Menschen handelte, wurde deutlicher, je mehr von ihm sichtbar wurde. Allerdings wirkte er ziemlich verlottert. Eigenartigerweise hing ihm aber der Rest einer Krawatte vom Hals.

“Sie sollten mal zum Frisör gehen”, war das nächste, was ich von ihm zu hören bekam.
“Sie mögen keine Langhaarigen?”
“Langhaarige werden nie Präsident. Dazu müssen sie sich regelmäßig die Haare schneiden lassen. Und Bart geht gar nicht, heute nicht mehr. Was sie brauchen, ist ein großes, sichtbares, hörbares Maul.”
“Und das ist alles?”, fragte ich.
“Nein, aber es ist eine Grundvoraussetzung. Außerdem brauchen sie Ideen, die sie damit verkünden.”
“Gute?”
“Nein. Überzeugende. Und das gelingt nur, wenn sie regelmäßig zum Frisör gehen. Oder aber sie besorgen sich dies.” Er wühlte in seinen zerrissenen Taschen und holte schließlich eine Schere hervor. Damit schnippelte er an seinem Bart herum.

Ich amüsierte mich weiterhin. Was für eine lustige Begegnung hier am Waldrand.

“Um ehrlich zu sein: Ich bin nicht recht überzeugt von dem, was Sie mir raten. Ein Präsident braucht doch mehr als einen Frisör, oder eine Schere. Er muss doch auch weitsichtig sein, seine Ideen gut durchdacht, damit sie mit Erfolg umsetzbar sind? Sonst wird er doch abgesetzt? Aber egal. Ich will nicht Präsident werden. Und Sie?”
“Ich war einer.”

Ein paar Wörter

Ein paar Wörter. Die meisten davon bedeuteten vor einiger Zeit Bahnhof mir.
Man lernt Wörter in einem Kontext, wo sie relevant werden, nicht?

Laparoskopie
Salpingektomie
Hysteroskopie
Pneumoperitoneum
Hämostase
Zytologie
Brexit
Lumpektomie
Quadrantektomie
Mastektomie
Sentinel-Lymphknoten
Lymphoedem
Serom
Donald Trump
Lungenfunktionstext
Thoraktomie
Lobektomie
Rekonvaleszenz