Schafe (7) Donkey

Die Nachbarn waren wieder mal mit Whiskey gekommen. Das macht man zu Weihnachten und bei besonderen Anlässen. Diesmal war es die Geburt unserer ersten beiden Lämmer. Nachdem sie im shed begutachtet und für gut und “So big!” befunden wurden, feierten wir in der Küche weiter.

Donkey, ihre Mutter, erhielt ihren Namen, weil sie sich zunächst furchtbar nervös und störrisch verhielt, als sie vom Markt zu uns kam. Ausserdem hatte sie graue Augen und Hufe und ein leichtes Hohlkreuz. Aber auch wunderbar lange und weiche Wolle, in die ich gerne griff, als sogar sie nach einiger Zeit zum Knuddeln kam. Ich weiss nicht warum, aber fast alle unsere Schafe tun das. Stellen sich vor einen hin und das bedeutet: Nun mach mal. Kraule mich am Hals, am Kopf, vor den Ohren.

Sie war etwas spät dran gewesen mit dem Lammen. Woher wusste ich das? Das Hammele hatte ein Geschirr umgeschnallt bekommen, als es Zeit war “to tip the ewes”. (Hier heisst manches anders als anderswo, und “ewe” spricht man auch nicht wie “you” aus, sondern wie ein halbes Jojo.) In dem Geschirr konnte man vorne auf seiner Brust eine farbige Kreide anbringen. Hatte er eine ewe bestiegen, zeigte sie ein farbiges Hinterteil. Nach zwei Wochen wurde eine andersfarbige Kreide angebracht. So konnten wir sehen, ob es beim ersten Mal geklappt hatte oder nicht. Drei Kreiden lang behielt Hammele das Geschirr um. Damit konnten wir ausrechnen, wann eine ewe lammen sollte. 21 Wochen +- ein paar Tage nach ihrem Tag der Farbe. Damals merkte ich auch, dass Schafe Farben sehen, denn wenn das Hammele eine neue eingesetzt bekam, erschraken die anderen davor.

Bei Donkey dauerte es also etwas länger, dafür waren ihre beiden Lämmer wirklich gross und schnell auf den Beinen und am Euter. Bei Caruso lief auch die Geburt perfekt ab, aber mit Callas ging es irgendwann nicht weiter. Erst soll man einer ewe immer Zeit geben, bevor man eingreift. Aber als ich dann doch nachschaute und sah, dass nur ein Bein und der Kopf herausguckten, ging ich nochmal schnell nachlesen in meinem Buch. Schreckliche Fehllagen zeigte es, und ich hatte gehofft, nie damit konfrontiert zu werden. Im Idealfall schiebt man das Lamm zurück in den Uterus und holt dann das andere Bein nach vorne, las ich. Oh je.

Gott sei Dank sagte das Buch aber im nächsten Absatz, dass man das Lamm auch so befördern kann, im Rhythmus mit dem Pressen der Mutter. Als ich zurück ins shed kam, war klar, dass es so gehen musste, denn Callas blökte bereits! Auch ein Grund, warum sie ihren Namen bekam. Es gelang mir ganz gut. Dieses einfachste der möglichen Probleme meisterte ich später noch ein paar Mal.

Leider stellte sich nach zwei Stunden Feiern, als wir freudig wieder nach ihnen schauten, heraus, dass etwas nicht stimmte. Die beiden waren unzufrieden, blökten die ganze Zeit, hatten Hunger, und bei der Untersuchung des Euters (welches hier “elder” und nicht “udder” heisst) liess sich nur aus einer Zitze etwas Dickflüssiges herausquetschen. Also kamen gleich leere Colaflaschen mit Schnuller drauf und Colostrum drin zum Einsatz. Einen Tag später dann Milchersatz.

Ein paar Tage blieben die drei noch in ihrem pen. Sechs davon hatte mein Mann im shed gebaut. Allerdings mussten wir die beiden Lämmer mit Paletten von der Mutter fernhalten, da sie nicht mehr ans Euter gehen sollten. Danach brachten wir die drei zu den anderen raus. Ihre Flaschen bekamen die Kleinen von da an auf der Weide. Damit erreichten wir, dass sie nicht typische pet lambs wurden. Die Bindung zwischen Donkey und ihnen erhielt sich noch etwa zwei Wochen. Es war traurig zu sehen, wie sehr ihr an ihnen lag, und doch konnte sie ihnen nicht das geben, was sie erst einmal am meisten brauchten.

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Im Herbst wurde Donkey erneut gedeckt, von einem Bocklamm. Ich bekam das zufällig mit. Wir haben später noch öfters unterschätzt, wie früh Schafe schon geschlechtsreif werden. Wieder hatte sie Zwillinge, die Geburt verlief diesmal bei beiden ohne Zwischenfälle, aber obwohl sich ihr Euter im Jahr davor perfekt zurückgebildet hatte, gab es wieder das gleiche Problem, und erneut zwei Flaschenlämmer – Sternchen und den kleinen Freund.

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Als wir rams und ewes schliesslich getrennt hielten, wurde sie von einem derer, die über Zäune zu springen beliebten, vier Jahre später noch einmal gedeckt. Daraus resultierte Eyebright, unser fünftes und letztes Flaschenlamm. Ein paar Monate war sie alt, als sie an Pasteurellose erkrankte. Der Tierarzt gab ihr Injektionen. Danach rannte sie sofort davon. Er ging zu seinem Auto zurück, ich schaute nach Eyebright – und fand sie tot. Das passiere manchmal, meinte er, dass sie vor Angst sterben. Ich konnte es kaum glauben in dem Moment, doch dann erinnerte ich mich an Beautys Lamm ganz am Anfang.

Donkey selbst wurde ziemlich alt.

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