Schafe (1)

Die ersten Jahre hier wurden schaflos verbracht, zumindest bei uns. Wir mussten uns erst einleben, es gab Renovierungsarbeiten zu erledigen, den vernachlässigten Garten neu zu bestellen, und wir wollten ja auch nahe und ferne Teile des Landes erkundigen.

Zwar nahm ich mir vor, in Zukunft mal Schafe zu haben, aber das war nur eine Idee damals.

Bei den Nachbarn erlebte ich jedoch jedes Jahr zur Lammzeit schon einiges mit, was Schafe betraf. Das hatte mir gezeigt, dass sie nicht immer nur Spass machen.

Ich durfte bei Geburten in ihrer Garage dabei sein, lernte verschiedenste Probleme, die damit verbunden sein können, kennen. Sowie G.D., der dann imnmer geholt wurde. Er war besonders gut bei schwierigen Geburten. Im Wohnzimmer dort gab es immer wieder neue Lämmer in Kisten. Weil die Mutter gestorben war. Oder keine Milch hatte, oder die Lämmer nicht angenommen hatte. Oder weil sie irgendeine Krankheit hatten.

Ich liebte dieses Wohnzimmer. Alte durchgesessene Couch und Sessel, Fernseher, Range, der mit Holz, Torf, Kohle befeuert wurde. Wandschrank mit nicht viel drin. Aschenbecher.

Ging es gut aus, rannten die Lämmer dort bald mähend herum, wurden, wenn sie nicht wieder einem Mutterschaf zugeordnet werden konnten, schliesslich hintem Haus im Garten gehalten und weiter mit der Flasche gefüttert. Lernte die Begriffe “pet lamb” und “pot belly”, den Flaschenlämmer gerne bekommen. Und dass sie lästig werden können, weil sie dem Menschen, der die Flasche gibt, überall hinterherlaufen.

Lernte, dass Orf eine ekelhafte Krankheit ist, bei der auch schon Lämmer blutende Pusteln um das Maul herum bekommen und nicht gescheit trinken oder fressen können, dass sich das auch auf Menschen übertragen kann. Die Nachbarin hatte wochenlang einen sehr schmerzhaften, entzündeten Daumen.

Das alles motivierte mich nicht gerade zur eigenen Schafhaltung.

Aber wenn alles gut ging mit der Geburt, die Mutter Milch hatte und Mutter-Kind-Beziehung sich normal entwickelte, wurden sie bald auf die Weiden gebracht. Etwa eine Meile vom Wohnhaus waren die und die landwirtschaftlichen Gebäude.

Kam ich mal gerade dazu, und wurde mir ein Lamm in die Arme gelegt. Lernte ich wieder was für die Zukunft. Eine Gruppe von fünf Menschen mit Lämmern in den Armen, gefolgt von fünf Mutterschafen wanderte hinunter zur Hauptstrasse, dort ein Stück entlang, dann auf einer kleineren Strasse Richtung Weide. Die Menschen mussten ab und zu mähen, und die Lämmer den Müttern zeigen, sie hin und wieder an ihnen schnuppern lassen. Dann mähten die Mütter, und antworteten die Lämmer ihnen mit ihrer jeweils individuellen Aussprache in individueller Tonlage mit diesem ungeheuer wichtigen Morphem, was die Mütter aufgeregt, aber determiniert, hinter den Lammträgern herlaufen liess.

Als wir am Ziel ankamen, taten mir die Arme weh. Meh!

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