Matt the Jap

In “Die Bibliotheken” erzählt Jan Wagner in seinem Essay Band “Der verschlossene Raum” von Matteo, “jenem kleinwüchsigen und ein bisschen verwahrlost wirkenden älterem Herrn mit asiatischen Zügen”, der “seit Jahren vor allem mit einem beschäftigt war, Seite um Seite“ aus Büchern in der berühmten Bibliothek des Trinity College in Dublin “nicht nur herauszureissen, …sondern sie überdies zu essen”.

Das hat mich doch interessiert, und ich googelte.

Tatsächlich war Matteo “one of central Dublin’s most familiar characters” am Trinity College, und in der Stadt, wie es in diesem Artikel in der Irish Times heisst. Matteo (Masahiso) Matubara, 73 Jahre alt, wurde 2007 in seiner Wohnung tot aufgefunden, und nur mit Hilfe von Interpol und der japanischen Botschaft konnte mit seinem Bruder in Japan Kontakt aufgenommen werden.

Und ja, er war taub.

Und wurde sogar von der damaligen Präsidentin Mary McAleese als “intriguing, enigmatic personality” erinnert. Aber ich fand keinerlei Berichte, dass er Bücherseiten gegessen hat. Habe ich Jan Wagners Essay zu wörtlich genommen?

Ich fand aber einen Diskussionsfaden auf boards.ie von 2004 (wohin ich keinen Link gebe), in dem, und das erschüttert mich, man sich über ihn unterhalten hat. Darin wird er einerseits gemocht, aber auch beschimpft, weil er sich anscheinend manchmal ziemlich unfreundlich und aggressiv verhielt. Wie konnte man über eine Person sich online so unterhalten? Ich frage mich, ob er das gelesen hat. Vielleicht nicht. Nun, es wurde auch in diesem Faden nichts erwähnt darüber, dass er Buchseiten gegessen habe, sondern dass er aus der Bibliothek verwiesen wurde, weil er Kommentare in Bücher gekritzelt hatte.

Erstaunlich sind dennoch die beiden Zeitungsartikel aus Anlass seines Todes.

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