Rote mögen’s Süss

Rotkehlchen haben sich dieses Jahr mehr vermehrt als in den letzten. Inzwischen sind die jungen alle rot geworden. Man kann sie von den alten nicht mehr unterscheiden. Sie scheinen sich mit Menschen besser zu arrangieren als untereinander. Da verhalten sie sich eher wie Eichhörnchen: Abweisend. Einzelgängerisch. Revierbewusst.

Aber kaum beginnt ein Mensch, in Bodennähe zu arbeiten, ist eins da. Immer nur eins. Findet allerlei Kleingetier, das der Mensch nicht gesehen hat. Ob es jeweils das gleiche ist, kann der Mensch schwer feststellen, wenn ihre Kehlen einmal rot geworden sind. Sehen ja dann alle gleich aus. Wenn es ein junges ist, fragt er sich, wie es schon wissen kann, dass da in Menschennähe etwas zu holen ist. Als wäre dies Wissen ihm angeboren.

Es gibt aber, wie bei den Buchfinken auch (meint der Mensch hier festgestellt zu haben) zwei Typen: etwas plumpere, rundlichere, und die schlankeren, aufrechteren.

Eins der schlanken begann vor einiger Zeit, sich die Kuchenkrümel zu holen, die der rote Kater im Schüsselchen übriglässt, wenn es Kaffee und Kuchen draussen gibt. Was in diesem guten Sommer öfters vorkam. (Dieses Katers Vorliebe für Kuchen hat ausserdem zu regelmässigerem Kuchenbacken geführt, als es davor hier Gewohnheit war.) Wo war ich?

Ach ja, dieses Rotkehlchen kommt nun regelmässig auf den Tisch zum Schüsselchen, auch wenn da wer sitzt. So wie beim Umgraben oder Unkrautjäten muss man sich das vorstellen. Landete auch schon mal auf einem Kopf oder einer hochgehaltenen Zeitung. Letzteres ging natürlich schief. Aber woher soll ein Rotkehlchen wissen, ob eine Zeitung stabil ist oder nicht, ohne es ausprobiert zu haben?

Seit einigen Tagen aber erscheint dann ein zweites, plumperes, um das schlanke zu vertreiben. Es hat die Sache mit den Kuchenkrümeln mitbekommen. Ich glaube, es ist das älter eingesessene in diesem Revier, das, welches auch im Polytunnel nach Insekten zu jagen pflegt.

Inzwischen meinen beide, es müsse nicht nur zur Kaffeezeit Kuchenkrümel geben. So hockte sich das Plumpe heute schon viel früher auf mein Buch, dann auf den Rand meines Strickkorbes. “Mach ja nicht da rein!” sage ich, als es verkehrt herum auf dem Rand sitzt. Es hört nicht auf mich, sondern hockt sich anschliessend auf mein Knie.

“Okay, okay. Gehe ich halt in die Küche und hole ein paar.“

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