The Sound of Europe im LIMA

Ich bin ein paar Tage zurück aus DE. Und muss das hier loswerden:

Ein Höhepunkt während meine Besuchs war The Sound of Europe im LIMA in Esslingen am Neckar. LIMA bedeutet literarisches Marionettentheater. Wer immer da mal in der Nähe ist, dem empfehle ich den Besuch einer Veranstaltung dort dringend. Ich mache ganz bewusst Werbung hier, weil es traurig ist, dass das kleine Figurentheater nur noch so wenige Besucher hat.

Ich habe eine eigene kleine historische Verbindung dazu. Denn, bevor Wilhelm Preetorius das Theater 1984 gründete, hatten wir in unserer kleinen Galerie in Stuttgart seine Marionetten ausgestellt. Wir waren damals ein gemeinnütziger Verein junger Enthusiasten. Er bereits ein älterer Herr. Er ist inzwischen verstorben.

Bei meinen Besuchen in DE werden immer, geplant oder auch nicht, Verbindungen zu Vergangenem auf verschiedene Weisen deutlich. Mal schmerzlich, mal fröhlich, mal überraschend, mal …

Auch das aktuelle Programm The Sound of Europe im Lima tut das auf eine eigenwillige Art. Visuell (Figuren:Schiller, Beethoven; Bild und Film), musikalisch (Beethoven’s Neunte), Texte (Schiller und Beethoven). Vor allem Schiller’s Worte zur Politik, Krieg und Frieden, zusammen mit den historischen Bildern aus seiner Zeit bis in die Gegenwart machen diese Inszenierung so (fast) unheimlich aktuell.

Das Theater selber ist mini, cosy, in einem mittelalterlichen Gewölbe eines der zwei ältesten Zunfthäuser in der Esslinger Altstadt untergebracht.

Scheren

Gestern habe ich das Herbstheft vom Lavendelschaf erhalten. Darin ein Artikel von mir über das Färben mit Würzkräutern: Lorbeer, Salbei, Pfefferminze, Majoran, Petersilie. Schöne Wõrter, nicht?

Leider wird es das Heft nur noch dreimal geben, weil Erdmute „in Rente“ geht. Sie ist so jemand wie debruma hier für wababbel.

So beginnt mein Beitrag, der im Winterheft zum Thema Schaf und Schärfe erscheinen wird:

Scheren

Wie bringe ich Schaf mit Schärfe zusammen, ausser vielleicht kulinarisch? Verbinde ich mit Schafen doch Weiches: die Wolle.
Aber ja! Man braucht etwas Scharfes, um sie dem Schaf abzunehmen: eine Schere, um das Schaf zu scheren.

Von ungefähr kommt es doch nicht, dass wir hier ein gleichlautendes Wort als Verb und als Nomen haben? Ich beschloss, mehr darüber herauszufinden.

Etymologisch gehen beide Wörter, und viele ãhnlich klingende in anderen europäischen Sprachen, auf die indoeuropäische Wurzel (s)ker = schneiden zurück. Im Englischen z.B. haben wir “to shear” und “shears”, wobei Letzteres heute in der Regel eine grosse Schere meint. Kleinere Scheren sind “scissors”. Lange wunderte ich mich, dass die Schere im Englischen ein Pluralwort ist. Nun lernte ich, dass das auch in anderen Sprachen so ist, und ursprünglich auch im Deutschen so war. Laut Duden hiess die Schere mittelhochdeutsch schaere, althochdeutsch scari, Plural von scar, und bedeutete wohl eigentlich “zwei Messer”. Auch das Wort scharf geht auf dieselbe Wurzel zurück: schneidend.

Scheren bedeutet eine Oberfläche kahlschneiden, rasieren, etwas kurz abschneiden. Damit in Zusammenhang entstanden im Alltag verwandte und abgeleitete Bedeutungen wie mähen, roden, abernten, durch Scheren der Tonsur zum Mönch bestimmen, belästigen, quälen, abteilen, ordnen, ausschliessen, zuteilen, die uns heute nicht mehr alle vertraut sind. Auch das Wort Schar, ursprünglich das Abgeschnittene, Zugeteilte, (An)teil, gehört hierher.

Wir scheren noch Teppiche und Hecken. Wir scheren uns um etwas. Manch einer schert sich um nichts, oder soll sich zum Teufel scheren, wenn er Scherereien macht. Und eine schöne Bescherung ist gerade das Gegenteil von der zu Weihnachten.

Die Herkunft des Wortes Schaf allerdings scheint nicht geklärt zu sein. Mittelhochdeutsch hiess es schaef, althochdeutsch scaf. Könnte es einmal “das/die Geschorene(n)” bedeutet haben, die, die man geschoren hat?

Die Schere ist ja ein tolles Werkzeug, das auf einem einfachen Prinzip beruht. Wie hätte man ein Schaf scheren können ohne sie? Ich wollte nun wissen, wann Mensch sie erfunden hat, und warum. Doch nicht etwa zum Schafe scheren? …

20150928

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