The Queen

Ich muss das jetzt dalassen hier. Nachdem ich las, dass die Queen gerade auf Besuch in Deutschland ist. Ich mag sie. Aber nicht deswegen schreibe ich das jetzt, sondern wegen der Erinnerungen.

1965, ich war gerade in die Schule gekommen, holte mich meine Mutter dort und meinen kleinen Bruder aus dem Kindergarten heraus. Einfach so. Sie hat es durchgesetzt. Das sagt viel über meine Mutter. Auch wenn sie es selber jetzt in der Rückschau etwas komisch findet. Ich finde es toll in der Rückschau. Warum hat sie uns rausgeholt? Um die Queen zu sehen. Die Königin von England. Ich, beeinflusst von Märchenbüchern, fand das toll. Eine echte Königin sollten wir treffen…

Also Richtung Degerloch und Fernsehturm gefahren. Wir waren spät dran. Meine Mutter hatte das so spontan entschieden. Parkplatz zu finden fast unmöglich. Dann hasteten wir durch den Wald. Hatten wir den Hund dabei? Ich weiss es nicht mehr. Jedenfalls waren da massig Leute. Wir bekamen Fähnchen zum Schwenken von anderen, meine ich mich zu erinnern. Wir warteten, froh, dass noch nicht alles vorbei war. Wir Kinder erwartungsvoll ob dessen, was passieren würde. Immerhin durften wir deswegen Schule und Kindergarten schwänzen.

Dann kam sie, im offenen 600er Mercedes, ganz in Gelb gekleidet in einem komischen Kostüm, mit seltsamem Hut und Handtasche, freundlich den Leuten im Vorbeifahren zunickend und -winkend. Handschuhe, glaube ich… Ich war so enttäuscht. Diese Königin entsprach überhaupt nicht meiner Märchenvorstellung. Aber ich habe das nie vergessen. Mein Bruder fand das Auto am spannendsten.

2011 dann war der erste Besuch der Queen in Irland. Ich fuhr mit einigen Leuten zur Frida Kahlo Ausstellung im Zug nach Dublin. Wir mussten früh zurückfahren, weil am Abend wieder Strassen in Dublin gesperrt waren wegen des Besuchs. Sicherheitsvorkehrungen waren riesig. Für Irland ein historisches Ereignis. Ich erzählte meinen Mitfahrern, dass und wann ich sie schon einmal gesehen hatte. Das hatte ich ihnen Jahrzehnte voraus. Schon eigenartig. Und diesmal trug sie wirklich schöne Kleider, wie ich in den Zeitungen und Sonderbeilagen sehen konnte.

Dann, 2012 waren wir in Enniskillen ”in the North” zum zweiwöchentlichen Einkaufen dort, wie üblich. Und wunderten uns über die intensive Polizeikontrolle auf dem Weg zum Asda Suermarkt. Wir fragten, was los sei. The Queen! Ach ja, hatte ich in der Zeitung gelesen, aber genau wann sie da sein sollte, hatte ich mir nicht gemerkt.

Danach Stau auf den Strassen. Ich spähe durch ein Seitensträssle und sehe die vielen Leute in der Hauptstrasse. Ich steige aus. Vielleicht sehe ich sie doch noch einmal!

Aber sie war ein paar Minuten vorher schon vorbeigefahren. Ich war ein wenig zu spät dran, um meine Kindheitserinnerung aufzufrischen.

An der Tankstelle

Am Tag zuvor hatte ich u.A. ein gelbes fertiges Paar Stulpen fotografiert, für den Internetladen. Jetzt hockte ich auf der Rücksitzbank im lila Beetle. Weil Mama vorne sass. Lange Zeit hatten wir den VW-Van mit sieben (!) Sitzen, bis er nicht mehr durch den “TÜV” hier kam. Jetzt haben wir zwei Veteranenautos – mit eigentlich nur jeweils zwei Sitzplätzen – weil die nicht mehr zum TÜV müssen, und viel weniger Steuer und Versicherung kosten. Wenn einer ausfällt, gibt es noch den anderen – im Idealfall.

Im Landrover ist es unangenehm, zu dritt zu fahren, denn auf dem Notsitz in der Mitte hat man die Gangschaltung zwischen den Beinen. Nee, das gefällt mir gar nicht. Da sitze ich hinten im Käfer viel bequemer, wenn auch ohne Sicherheitsgurt.

Ja, und wie ich so da sitze an der Tankstelle, hinter Mama auf dem Beifahrersitz, da sehe ich dort einen grossen neuen hellen Lieferwagen stehen mit feiner Schrift drauf, die über die Delikatessen in ihm informiert. Das sieht aus wie eine Speisekarte in einem besonderen Restaurant. Und ich beobachte den Fahrer vorne, wie er sich vor dem Aussteigen dunkle Handschuhe anzieht, bevor er hinter dem Van aus meiner Sicht verschwindet, um auszuladen.

Dann schaue ich wieder vorne raus, und just in dem Moment beginnt ein älterer Mann in dunklem Anzug(!) unseren Zapfhahn und die Zapfsäule zu putzen, danach die hinter uns. Ich bin fasziniert. Ich rede nicht darüber. Schaue ihm nur zu. Er tut es in etwas eigenartiger Weise, mit einem langen schwarzen Strumpf, den er ab und zu wie einen Handschuh überzieht, aber sehr konzentriert. Das, und der Anzug, und die Handschuhe des anderen Fahrers… I’m intrigued.
Zweifle jedoch ein wenig an der Effektivität seiner Art zu putzen.
Egal.

Mama hatte ihr zweites Paar Socken für uns da noch nicht ganz fertig. Ich liebe ihre Socken.